Was liest Mimi?
In vielen Tausenden Nächten könnte Mimi jeweils einen neuen Krimi lesen – und würde das Angebot trotzdem nicht ausschöpfen. Krimis sind unter den rd. 25.000 jährlichen Neuerscheinungen in der Belletristik das beliebteste Buch-Genre. Auch für schmale Geldbeutel ist gesorgt, bietet doch fast jede Bibliothek ihren Bereich mit Nervenkitzel-Literatur. Oft sind auch ‚kriminelle‘ Hörbücher, Kriminalfilme und konventionelle oder elektronische Krimi-Spiele ausleihbar. So lieben zum Beispiel die Berliner trotz fortschreitender Digitalisierung den besonderen Charme des Krimisalons der Bruno-Lösche-Bibliothek im Herzen der Stadt und schmökern auf bequemen Sesseln bei wohligem Schauder. Bunt wie die Rücken der Bücher sind ihre Inhalte, vom klassischen Ermittler-Krimi hin zum Psychothriller, daneben Regionalkrimis, historische, kulinarische oder (schwarz)humorige Werke. Der Krimisalon bietet seit vielen Jahren eine Bühne für Krimiautoren und Autorinnen, die bei gedimmtem Licht, beunruhigender Musik, einem Glas Wein zum gepflegten Grusel einladen.
Das boomende Genre gibt Anlass, sich einmal mit der Leselust am Krimi, seinen Genres und seinen bedeutenden Vertretern zu beschäftigen.
Warum lieben Menschen Krimis?
Manchen Leserinnen kann es nicht gruselig und blutig genug sein. Sich auf der Couch ausstrecken mit einem Gläschen – geborgen, warm und sicher. Mit dem Gedanken ‚mir kann nichts passieren‘ lässt man sich furchtlos auf das Böse im Menschen ein. Andere Leser lieben es, mitzurätseln. Wer ist der Mörder und warum hat er getötet? Falsche Fährten werden gelegt, Hinweise und Spuren versteckt, bis der Täter oder die Täterin in der finalen Zuspitzung, dem ‚Show down‘, überwältigt wird. Krimis beschäftigen sich aber nicht ‚nur‘ mit Verbrechen, Blut und Tod. Sie verpacken bestimmte Themen wie Politik, Psychologie, Umweltschutz, soziale Missstände, aber auch historische Ereignisse auf unterhaltsame Weise. Die Lesenden sind hineingezogen in die spannende Handlung und setzen sich so auch mit einer bestimmten Problemlage auseinander.
Wer war es? Whodunit?
Der Schöpfer des klassischen Detektivromans war Edgar Allan Poe, der 1841 den Doppelmord in der Rue Morgue von seinem Detektiv Auguste C. Dupin aufklären lässt. Seitdem hat sich das Genre vielfältig entwickelt. Der Detektiv im Whodunit kann als abgebrannter privater Schnüffler oder als durch ein Verbrechen aufgeschreckter Hobbykriminologe auftreten oder er kann als Kommissar seinem Beruf nachgehen. In der hard-boiled novel (hartgesotten), einem seit den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts beliebten Sub-Genre, ermittelt ein abgebrühter Privatdetektiv häufig in schmutzigen Ecken der Gesellschaft. Oft steht der Detective am Rande der Legalität, neigt zu Selbstjustiz, handelt nach seinen eigenen Vorstellungen von Recht und Ordnung. Dadurch gerät er in Konflikt mit der Polizei. Oft kennt er deren Handeln aus seiner früheren Beschäftigung als Polizist oder hat in der Justiz gearbeitet.
Klassische Vertreter dieser Richtung sind Raymond Chandler (Detective Philip Marlowe) und Dashiell Hammett (Detective Sam Spade). Manchmal schreckt der Ermittler auch nicht vor Gewalttaten zurück (z.B. Mickey Spillanes Figur Mike Hammer).
Demgegenüber spielen die klassischen britischen Kriminalromane (z.B. Agatha Christie) meist in einer geordneten Welt. Gemordet wird aufgrund aufeinanderprallender Interessen, klassische Mordmotive sind Rache, Hass, Eifersucht, Besitzgier. Die Aufklärung des Verbrechens stellt die Ordnung wieder her.
Bekannte Autor*innen und ihre Detektiv*innen: Sir Arthur Conan Doyle (Sherlock Holmes), Agatha Christie (Hercule Poirot und Miss Marple), Dorothy L. Sayers (Lord Peter Wimsey), G. K. Chesterton (Pater Brown), Georges Simenon (Kommissar Maigret), Martha Grimes (Inspector Jury), Ian Fleming (James Bond Agent 007),Elizabeth George(Inspector Lynley), Sara Paretsky (Vic Warshawski), Rita Mae Brown (Tigerkatze Mrs. Murphy).
Wer mehr von Mördern und ihren Motiven lesen möchte – in Teil II geht’s zum Nervenkitzler, dem (Psycho)Thriller. Nicht die Aufklärung des Verbrechens ist dort der Höhepunkt, sondern der Sieg über den Gegner. Die Lesenden fiebern mit dem Helden (Protagonist), der gegen moralische, seelische oder körperliche Gewalt durch seinen Gegenspieler (Antagonist) kämpft. Wer von ihnen bleibt auf der Strecke?